Weiter nach Cochrane
- Jessica Scharl
- 6. Juli
- 5 Min. Lesezeit

Der Wecker klingelt nach einer mal wieder viel zu kurzen Nacht, da heute die Wohnungsübergabe in Cochrane stattfindet. Wow ziemlich sportlich denkt sich hier der ein oder andere, aber nein – wir haben knapp 2 Tage Puffer vorbereitet, die sich bekanntermaßen in Guinness und Fish&Chips aufgelöst haben.
Wir sind in einem kleinen Apartment im Keller untergebracht, haben zwei Schlafzimmer und natürlich die dazugehörigen zwei Badezimmer. Dies alles ist in einem modernen etwas größeren Haus mit Doppelgarage in einem Vorort, Bezirk von Calgary. Nicht weit weg vom Flughafen und auch nicht weit zur neuen Wohnung.

Wir starten, Lukas setzt sich auf den Fahrersitz von einem Ford F150 Pick Up Truck, Gott sei Dank hat er sich den eingebildet. Wir haben gestern am Flughafen all unsere Koffer inkl. Handgepäckstücke, Kinderwagen super drin verstauen können aber heute wirkt er wieder viel zu groß, irgendwie sitzt man hier im zweiten Obergeschoss und genießt ziemlich großen Komfort mit Beinfreiheit und dem „Nichts-ist-unmöglich-Gefühl“. Nach fünf – zehn Minuten stellen wir allerdings fest, was für uns riesig ist, ist hier nicht annähernd groß, sondern allenfalls Mittelmaß. Das gilt auch für Kreuzungen, Straßen, Spuren und gefühlt allem. Cochrane wir kommen.
Unsere zukünftige Wohnung ist am Stadtrand von Cochrane, genauer gesagt im Teil Heartland. Kurz vorm Niemandsland und dem Indianerreservat. Wir kommen rechtzeitig an und werden schon von Trish der Apartment-Managerin begrüßt, die mit uns die Wohnungsübergabe macht. Nachdem die Wohnung ca. 80qm hat geht das zackig und im Nu haben wir die Schlüssel in der Hand – in Kanada, wir, gemietet übers Internet, wir sind baff und gleichzeitig müde, es fällt uns ein Stein vom Herzen, dass das mit der Wohnung doch so reibungslos geklappt hat. Zugegebener Maßen hat die auch Lukas Future Boss (den wir ebenfalls nur aus dem Internet kennen) vor Ort besichtigt und sein OK gegeben.
What´s next?
Klar, wir brauchen Möbel und alles was wir sonst noch nicht hier haben. Wir haben zwar einen Container seit 01.April irgendwo zwischen München und Cochrane, aber von dem fehlt derzeit jede Spur und keiner kann uns sagen, wann der kommt. Das Einzige was sie sagen können, dass wir dann nach Calgary zum Zoll müssen und bestätigen müssen, dass die Kartons alle zu uns gehören und wir eine Wohnadresse haben. Also ab nach Parsdorf, ab zum Segmüller da wo das Möbel haust – ja ähm oder so ähnlich. Wir fahren zum IKEA 😉
Wir finden wunderschöne Sachen, manche können wir uns auch leisten – nehmen das nötige mit. Bett, Kanabä (Couch), Tisch und Stühle, ein Mini-Bestand an Geschirr, Tellern und einem Topf plus einer Pfanne und der Rest wird dann schon. Zum Glück haben wir noch den Truck, somit geht das Transportieren auch leicht, hätten wir nur einen Spanngurt mit dabei. Hier in Kanada gibt’s zwar keinen TÜV, aber Ladungssicherung geht uns alle an. Lukas hat Vorkenntnis mit den Einkaufsmöglichkeiten durch seine USA-Reisen und kauft kurzer Hand welche im Walmart Supercenter. Jessica versucht derzeit Fabian in den Kindersitz zu bugsieren – ihr könnt euch vorstellen wie erfolgreich man da ist, wenn ein Kind leider die meiste Zeit der Woche im Auto/Flieger/Kinderwagen verbracht hat.
Auf dem Weg nehmen wir noch eine Matratze mit und wieder spielt uns das mit dem Auto in die Karten. Wir wollen eine King-Size Matratze – 76 x 80 Inch (round about 193 x 203 cm), wegen der Dicke nicht aufgerollt. Ja wie sollst denn sonst sowas transportieren, wenn nicht hinten auf der Ladefläche. Spontan können wir beim Telefon Shop vorbeischauen, da wir ja noch Internet für unsere Wohnung und zwei Mobilfunkverträge brauchen. Wir verstehen leider nicht, warum nicht beides bekommen, aber Internet für die Wohnung können wir abschließen – für unsere Handyverträge brauchen wir die Social-Insurance-Number – weil das ja klar ist…Passierschein A38, da klingelt doch was. Leider muss man die im Bürgerbüro beantragen/abholen und das hat an welchen Tagen nicht offen? Natürlich am Wochenende. Verschieben wir das ganze auf nächste Woche!
Stück für Stück bauen wir auf, kaufen Lebensmittel ein, richten uns die Wohnung so weit her, dass wir in einem Tag aus unserer Ferienwohnung ausziehen können. Wir schaffen alles, wir können am 25.05 das erste Mal in unserer gemieteten Wohnung schlafen. Was soll ich sagen, wir fühlen uns angekommen. Also wenn wir das so nennen dürfen, auf uns wartet noch einiges. Zum Beispiel Sozialversicherungsnummer, Führerschein, Auto, Autoversicherung, Krankenversicherung - richtig schöner Bürokratie-Käse. Zwischendurch will die Kulinarik der unterschiedlichen, ja auch Fast Food Läden, selbstverständlich probiert sein. Und das ist nur der Anfang 😉Nun aber alles der Reihe nach.
Montag ist der perfekte Tag für alle bürokratischen Besorgungen und fahren los. Lukas hat sich eine Route ausgesucht, dass wir perfekt von daheim zum Bürgerbüro und danach zur Führerscheinstelle kommen. Naja perfekt sonnig war er, aber die Schlange haben wir uns trotzdem beim Walk-In mit 37 teilen dürfen. Dafür war unser Sachbearbeiter schnell und freundlich, so dass wir „ganz schnell“ wieder draußen waren. Los geht’s zum Führerschein beantragen. Was Lukas nicht wusste, die Führerscheinstelle war keine normale Anlaufstelle, sondern eine Filiale der AMA – Alberta Motor Association, vergleichbar mit dem ADAC, wo nur Mitglieder die Vorzüge genießen können. Zapzerap wurden wir zu Mitgliedern, gibt es nämlich ein Newcomer Angebot, wo Neubürger ein Jahr kostenfrei den Service nutzen können. Danke, Angenehm Kanada. 😊 Zudem kann sich hier die Familie Scharl auch für die Alberta Health Care anmelden. Das ist eine Krankenversicherung, kostenfrei, welche jeder Albertaner (oder heißt es Albertianer - Albertisse !?) hat. Später wird Lukas auch für die Familie noch ein benefit package von seinem Chef bekommen, welches noch weitere Bereiche bzw. Leistungen abdeckt.
So also, Krankenversicherung check. Das mit dem Führerschein gestaltet sich leider schwieriger. Deutschland hat zwar ein Abkommen mit Kanada, dass diese übertragen werden können, nur hat sich noch keiner bereit gefühlt eine einheitliche Übersetzung für die Zahlen vorzubereiten. So kann fei wirklich keiner Arbeiten. sehr deutliches Kopfschütteln Das müssen wir dann schon selber machen, deshalb fahren wir nach Calgary zum beglaubigten Übersetzer, Fabian schläft während der Fahrt ein, Lukas fährt in den 32ten Stock, Jessy muss im Auto warten. Der Tag kann nur noch besser werden. Und das wird er, der Oberbabo von den Übersetzern, welcher das alles unterschreiben muss, ist nicht da, also kommt morgen wieder, Sachen abgegeben damit das in der Zwischenzeit hoffentlich bearbeitet wird, gezahlt, 160 CAD ;-O und wieder abgedampft.

Auf diesen Schock müssen wir nun erstmal die kulinarischen Angebote in Cochrane auschecken. Klassische Burgerläden oder Läden wo es klassische Burger gibt wie Wendys, A&W, Dairy Queen, Mary Browns Chicken und Fatburger etc. gibt es zu Hauf. Es sind hier aber auch diverse Brauereien vertreten, wie z.B. die Kette „the Canadian Brewhouse“ und dahin verschlägt es uns. Eine ganz solide Vorstellung 😉
Ende vom Führerschein-Lied ist, dass wir den Führerschein bekommen haben – also Lukas. Jessy wartet nach wie vor noch, seit 40 Tagen auf ihren. Sie ist auch zwischenzeitlich noch mal bei der Zulassungstelle gewesen, da der provisorische Schein seine Gültigkeit verloren hat. Dabei hat die Sachbearbeiterin herausgefunden, dass ein Dokument nicht mitgeschickt und das Passfoto komischerweise gelöscht wurde. Kurz gesagt, sie hats verkackt – sich aber gleich mit einem 25$ Tim Hortons Gutschein entschuldigt. Kennt man jetzt so auch nicht.
Die nächste Geschichte kommt bestimmt bald…
Das ist der Ausblick von unserer Terrasse Richtung Westen ;-)
Beim Durchschauen der Fotos stellen wir jedes Mal fest, dass wir zwar Fotos machen, aber irgendwie nicht immer die passenden, aber bekanntlich macht ja Übung den Meister.

















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